BONSAI IST NATUR

Bonsai im Freiland sind dem jahreszeitlichen Wechsel von Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter ausgesetzt, sie erleben Sonne und Regen, Schnee und Wind, werden von Steinschlag fast erdrückt oder von Stürmen niedergebeugt.

Und sie spiegeln diese Jahreszeiten und Witterungen wider: von uns immer wieder sehnlich erwartet wird der Frühjahrsaustrieb, der sich teilweise in beeindruckenden Farben präsentiert, vor allem bei Ahorn-Sorten. Dann die Blüte, von unscheinbar bis prachtvoll, z.B. bei Azaleen.
Schließlich der Sommer, wenn die Bäume im vollen, dunklen Laub stehen. Dann der Herbst mit seinen farbigen Früchten, z.B. Äpfeln, und oftmals spektakulärer Herbstfärbung, worin sich wieder viele Ahorn-Sorten auszeichnen. Selbst der Winter, wenn die Bäume ihr filigranes Geäst zeigen und der Aufbau des Bonsai schön erkennbar wird, hat seine positiven Seiten.
Jetzt kommen auch die immergrünen Bonsai besonders gut zur Geltung und lassen sich manchmal mit einer Schneehaube verzaubern. Vor allem also ein Freiland-Bonsai zeigt sich als Kunstwerk im steten Wandel.

Dieses Kunstwerk kann nur entstehen und – anders als andere Kunst – auch Bestand haben, wenn der Pflegende ein tiefgreifendes Verständnis von seinem Baum als natürliches Wesen entwickelt.

Ansprüche an Licht und Schatten, Luft, Wasser und Nahrung müssen erfüllt werden, Krankheiten müssen erkannt und behandelt werden. Das alles braucht ein Baum zum gesunden Leben.

Manche Menschen fragen, wenn sie sich zum ersten Mal näher mit dem Thema Bonsai beschäftigen, ob die Bäume nicht leiden. Hierzu kann ganz ausdrücklich festgestellt werden, dass gut gepflegte Bonsai in der Regel gesünder sind, als ihre großen Geschwister in Gärten, Parks, Wäldern oder an Straßen. Dies ist an ihren vitalen Lebensäußerungen wie Austrieb, Blüte, Wachstum, Belaubung und Bewurzelung deutlich erkennbar.

Viele Bonsaianer ertappen sich bald dabei, auch große Bäume in Parks und Wäldern ganz anders zu betrachten: Wer den jahreszeitlichen Wechsel bei seinen kleinen Bäumen aufmerksam verfolgt, achtet auch bei großen Bäumen plötzlich auf Gestalt und Wuchsformen, begeistert sich an Rindenstrukturen oder Färbung des Laubes, freut sich an beeindruckenden Wurzelansätzen und ehrwürdigen Baumgestalten, achtet auch anders auf Gesundheitszustand und Schädlinge.

So entwickeln sich von selbst wache und interessierte Augen und ein geschulter Blick für Bäume, ihre Möglichkeiten der Weiterentwicklung und ihre Bedürfnisse.

 

All dies dient der Anregung bei der Verbesserung eigener Bäume. Dabei wird immer darauf geachtet, dass ein Bonsai nach einer Gestaltung nicht unlogisch erscheint: Gestaltung muss immer die biologischen Potenziale und Bedürfnisse des Baumes berücksichtigen, sonst kann er nicht überzeugen.

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